Väterliche Risiko- und Schutzfaktoren für Kindeswohlgefährdung und ihre Berücksichtigung in den deutschlandweit eingesetzten Risikoinventaren

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Abstract

Väterliche Risiko- und Schutzfaktoren können angesichts der aktuell bestehenden Familien- und Rollenmodelle einen signifikanten Einfluss auf das Risiko für Gewalt in einer Familie nehmen und sollten daher bei der Gefährdungseinschätzung für Kindeswohlgefährdung in Ergänzung zu den Faktoren auf Seiten der Mutter, des Kindes und den engeren bzw. weiteren Familiensystems unbedingt Berücksichtigung finden. Vor diesem Hintergrund gehen wir der Frage nach, welche empirischen Befunde zu väterlichen Risiko- und Schutzfaktoren für die Gewaltformen Misshandlung, Vernachlässigung und sexualisierte Gewalt im Kindes- und Jugendalter in der internationalen Forschungsliteratur von 1980 bis 2019 publiziert wurden. Identifiziert werden konnten 17 Risikofaktoren und vier Schutzfaktoren, die in 33 quantitativen Originalstudien auf Seiten der Väter einen risikoerhöhenden oder einen abpuffernden Einfluss auf Gewalterfahrungen in Familien zeigten. Ergänzend wurden die in der Praxis deutschlandweit eingesetzten Risikoinventare hinsichtlich der berücksichtigten väterlichen Risiko- und Schutzfaktoren analysiert, um so die Anwendung der empirisch identifizierten Faktoren in den Frühen Hilfen, der Jugendhilfe und im Gesundheitswesen abbilden zu können. In dem Beitrag wurde dabei zum einen auf Ergebnisse aus einer Benchmark-Erhebung zu Risikoinventaren aus dem Jahr 2009 zurückgegriffen. Diesen Ergebnissen wurden aktuelle Befunde aus dem Jahr 2018 im Sinne eines Forschungsupdates gegenübergestellt. So enthielten 2009 67 % der Instrumente „häufig“ Items zum Vater, während dies 2018 für 12 % der Instrumente gefunden wurde. Gleichzeitig wurde 2018 in 53 % der Risikoinventare „häufig“ nach Sorgeberechtigten, Eltern oder Hauptbezugspersonen gefragt. Der Beitrag bildet so Entwicklungen in der Forschung und Praxis der Risikoeinschätzung für Kindeswohlgefährdung ab, bei denen insbesondere die Väter, die bei Screenings und Interventionen für psychosozial belastete Familien im Gegensatz zu den Müttern häufig nicht explizit adressiert werden, in den Blick genommen werden. Die Erkenntnisse zum Einfluss der Väter können in die präventiv ansetzenden Interventionen in den Frühen Hilfen einfließen und diese sinnvoll ergänzen.

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN0032-7034
DOIs
Publication statusPublished - 2021