Sexuelle Erfahrungen und sexuelle Orientierung von Transgender-Jugendlichen

Abstract

Einleitung Eine körpermedizinische Behandlung bei erwachsenen
Transgender-Personen steht mit positiven Ergebnissen
bezüglich der sexuellen Zufriedenheit in Zusammenhang sowie
im Jugendalter mit einem verbesserten psychosozialen Wohlbefinden.
Dennoch gibt es bisher nur eine Studie, die die sexuellen
und romantischen Erfahrungen von Transgender-Jugendlichen
vor Beginn einer solchen Behandlung untersucht hat.
Forschungsziele Ziel war es, das Sexualverhalten von unbehandelten
Transgender-Jugendlichen, die in der Hamburger
Spezialsprechstunde die Diagnose Geschlechtsdysphorie erhalten
hatten, zu untersuchen.
Methoden Es wurden die Häufigkeitsangaben zu sexuellen Erfahrungen
aus den Fragebogen-Sets von n = 126 unbehandelten
Transgender-Jugendlichen im Alter von 15.6 Jahren deskriptiv
ausgewertet. Dabei wurde zudem nach Geschlecht und Altersgruppen
unterschieden sowie nach dem Ausmaß der sozialen
Transition.
Ergebnisse Während die Mehrzahl der befragten Jugendlichen
schon einmal verliebt (85 %) bzw. in einer festen Partnerschaft
(65 %) war und etwa die Hälfte der Befragten sexuelle Fantasien
und Masturbation berichtete, waren sie in den körperlich-sexuellen
und Partner*innen-assoziierten Erfahrungsbereichen
weniger erfahren. Weniger als die Hälfte (44 %) berichtete
von intimen sexuellen Erfahrungen mit anderen Jugendlichen
oder Geschlechtsverkehr (knapp 14 %). Ältere Jugendliche (15–
18 Jahre) und jene, die bereits eine soziale Transition vollzogen
hatten, machten vergleichsweise mehr sexuelle Erfahrungen
als jüngere Jugendliche (11–14 Jahre) oder jene, die überwiegend
in der Rolle des Zuweisungsgeschlechts lebten.
Schlussfolgerung Die befragten Transgender-Jugendlichen
machten nicht die sexuell-körperlichen Partner*innen-assoziierten
Erfahrungen, die andere Jugendliche im gleichen Alter
machen. Dieser Befund verweist auf die mögliche Bedeutung
einer Transition im Jugendalter für die psychosexuelle Entwicklung.
Ebenso verweist er auf die Bedeutung des Schutzraums
einer psychosozialen Beratung oder Therapie für Transgender-
Jugendliche, um sexualitätsbezogene Themen bei Bedarf besprechen
zu können.

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN0932-8114
Publication statusPublished - 03.2019