Seuchen und Gesellschaft

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Abstract

Dieses Heft betrachtet die Jahre 1880 bis 1933. Zu deren Beginn machte die Medizin große Fortschritte: Krankheitserreger wurden entdeckt. Krankenhäuser, die vorher reine Armenhäuser gewesen waren, erzielten erste Behandlungserfolge. Chirurgische Operationen führten immer seltener zu Blutvergiftungen. Frauen erstritten das Recht auf höhere Schulbildung, doch Näherinnen und Dienstmägde besaßen in der Kaiserzeit keine Krankenversicherung, Haupt-Todesursache für Jugendliche war die Knochentuberkulose, und die Säuglingssterblichkeit in Deutschland war mit etwa um die 20 Prozent die höchste in Europa. Ob man eine Krankheit überlebte oder nicht, war oft eine Frage des Einkommens.
20-mal mehr Kinder starben in Ottensen an den Masern als in Harvestehude. 45.000 waren es im Jahr 1900 im Deutschen Reich. Das Gesundheitssystem war auf Almosen angewiesen.
Erst mit der Weimarer Demokratie entstand ein System sozialer Sicherheit: Jugendämter wurden gegründet, gesunde Wohnungen gefördert, und medizinische Behandlung wurde für alle verfügbar. Doch der Fortschritt hatte eine Kehrseite. Überwachung und Kontrolle
führten zur Ausgrenzung von Kranken und mündeten in der Vorstellung von einem erbgesunden Volkskörper.

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN2366-701X
Publication statusPublished - 2020