SARS-CoV-2-Zufallsentdeckungen bei Hamburger Todesfällen: ein epidemiologisches Monitoring während des dynamischen Infektionsgeschehens im Frühjahr 2020

Abstract

Hintergrund. Im Rahmen der COVID-19-Pandemie sind Inzidenz und Mortalität
entscheidende Determinanten, um Ausbreitungsdynamik und Gefahrenpotenzial
zu beurteilen. Untersucht wird, ob ein systematisches mikrobiologisches Monitoring von Todesfällen eine relevante Untererfassung der Mortalität aufzeigen kann, und ob sich ggf. eine Sterbekohorte zuvor nicht erfasster Fälle von einer Hellfeldkohorte unterscheidet (Soziografie, Todesursache). Methode. Es erfolgte eine systematische Reverse-Transkriptase(RT)-qPCR(quantitative
Polymerasekettenreaktion)-Testung von Verstorbenen in zentralen Leichenhallen
in Hamburg (Institut für Rechtsmedizin, Krematorium) auf eine SARS-CoV-2-Infektion mittels Nasen-Rachen-Abstrich über 8 Wochen ab Auftreten pandemiebezogener Todesfälle mit vergleichender Analyse der Hell- und Dunkelfeldkollektive. Ergebnisse. Unter insgesamt 1231 verdachtsunabhängig
getesteten Verstorbenen lag bei 29 Fällen (2,4%) eine zuvor nicht bekannte SARS-CoV-2-Infektion vor. In der ersten Phase der Pandemie überwogen Zufallsentdeckungen unter unklaren und nichtnatürlichen Todesfällen in der Rechtsmedizin, die vermehrt jüngere Altersgruppen, v. a. aus häuslicher Umgebung, umfassten. Im Krematorium zeigten sich mit weiterem Verlauf zunehmend Zufallsentdeckungen bei Todesfällen aus stationären Pflegeinstitutionen. Das Gesamtkollektiv wies soziodemografisch keine signifikanten Unterschiede zu einem Vergleichskollektiv bekannter/registrierter
SARS-CoV-2-assoziierter Todesfälle auf. In der Dunkelfeldkohorte war die Todesursache COVID-19 signifikant seltener. Schlussfolgerung. Ein systematisches verdachtsunabhängiges PCR-basiertes Monitoring von Todesfällen ermöglicht eine vollständigere Erfassung von SARS-CoV-2-
positiven Sterbefällen insbesondere im nichtklinischen Sektor. Durch die Erfassung eines Dunkelfelds, das einer Routineleichenschau bislang entgeht, kann ein präventiver epidemiologischer Beitrag geleistet werden.

Bibliographical data

Translated title of the contributionSARS-CoV‑2 incidental findings among Hamburg deaths: an epidemiological monitoring during the dynamic infection event in spring 2020
Original languageGerman
ISSN0937-9819
DOIs
Publication statusPublished - 20.04.2021