Pharmakologische Behandlung der paraphilen Störung

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Pharmakologische Behandlung der paraphilen Störung. / Turner, Daniel; Briken, Peer.

In: Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Vol. 27, No. 2, 21.07.2020, p. 217-237.

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@article{9e0031e3a2e8436e81264f5da47ea20b,
title = "Pharmakologische Behandlung der paraphilen St{\"o}rung",
abstract = "Die medikament{\"o}se Behandlung der paraphilen St{\"o}rung kann bei einigen M{\"a}nnern, die aufgrund einer Sexualstraftat verurteilt wurden oder ein hohes Risiko f{\"u}r die Begehung einer Sexualstraftat aufweisen, eine sinnvolle Erg{\"a}nzung zur Psychotherapie darstellen. Derzeit werden folgende Pharmaka empfohlen: Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Testosteron-senkende Pharmaka (direkte Testosteronantagonisten und GnRH-Agonisten). Obwohl aktuelle Leitlinien zur Behandlung der paraphilen St{\"o}rung sowohl f{\"u}r erwachsene als auch f{\"u}r jugendliche Patienten klare Behandlungsempfehlungen geben, erf{\"u}llt der derzeitige Stand der Wissenschaft noch nicht die hohen Voraussetzungen an eine evidenzbasierte Medizin. K{\"u}rzlich wurde jedoch die erste randomisiert-kontrollierte Studie publiziert, die eine st{\"a}rkere Abnahme der sexuellen Dranghaftigkeit unter GnRH-Antagonisten im Vergleich zu Placebo in einer Gruppe von M{\"a}nnern mit einer p{\"a}dophilen St{\"o}rung fand. Zumindest f{\"u}r den deutschsprachigen Raum werden vergleichbare Untersuchungen in naher Zukunft aber nicht m{\"o}glich sein. Mit kleineren Einschr{\"a}nkungen lassen sich die Leitlinien auch auf die Behandlung der zwanghaften sexuellen Verhaltensst{\"o}rung {\"u}bertragen. Vor dem Einsatz der derzeit empfohlenen Pharmaka sollte eine ausf{\"u}hrliche Aufkl{\"a}rung des Patienten {\"u}ber Nutzen und Risiken der Medikation er- folgen, nicht zuletzt auch, um dadurch die Compliance zu erh{\"o}hen. In ausgew{\"a}hlten Ausnahmef{\"a}llen wird die medikament{\"o}se Therapie sehr lange durchgef{\"u}hrt, ein Absetzen der Medikation sollte vor dem Hintergrund der umfangreichen Nebenwirkungen aber stets angestrebt werden. Findet das Absetzen unter kontrollierten und strukturierten Rahmenbedingungen statt, kann es erfolgreich verlaufen. In zuk{\"u}nftigen Untersuchungen sollte insbesondere die Wirkung der Testosteron-senkenden Pharmaka auf den Hirnstoffwechsel untersucht werden. Dadurch k{\"o}nnte es gelingen, spezifischere Therapieziele zu identifizieren, was es unter Umst{\"a}nden erlauben w{\"u}rde weniger invasive Therapiemethoden zu etablieren.Schl{\"u}sselw{\"o}rter: Sexualstraft{\"a}ter, antihormonelle Therapie, R{\"u}ckfallrisiko",
author = "Daniel Turner and Peer Briken",
year = "2020",
month = jul,
day = "21",
language = "Deutsch",
volume = "27",
pages = "217--237",
journal = "Forensische Psychiatrie und Psychotherapie",
issn = "0945-2540",
number = "2",

}

RIS

TY - JOUR

T1 - Pharmakologische Behandlung der paraphilen Störung

AU - Turner, Daniel

AU - Briken, Peer

PY - 2020/7/21

Y1 - 2020/7/21

N2 - Die medikamentöse Behandlung der paraphilen Störung kann bei einigen Männern, die aufgrund einer Sexualstraftat verurteilt wurden oder ein hohes Risiko für die Begehung einer Sexualstraftat aufweisen, eine sinnvolle Ergänzung zur Psychotherapie darstellen. Derzeit werden folgende Pharmaka empfohlen: Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Testosteron-senkende Pharmaka (direkte Testosteronantagonisten und GnRH-Agonisten). Obwohl aktuelle Leitlinien zur Behandlung der paraphilen Störung sowohl für erwachsene als auch für jugendliche Patienten klare Behandlungsempfehlungen geben, erfüllt der derzeitige Stand der Wissenschaft noch nicht die hohen Voraussetzungen an eine evidenzbasierte Medizin. Kürzlich wurde jedoch die erste randomisiert-kontrollierte Studie publiziert, die eine stärkere Abnahme der sexuellen Dranghaftigkeit unter GnRH-Antagonisten im Vergleich zu Placebo in einer Gruppe von Männern mit einer pädophilen Störung fand. Zumindest für den deutschsprachigen Raum werden vergleichbare Untersuchungen in naher Zukunft aber nicht möglich sein. Mit kleineren Einschränkungen lassen sich die Leitlinien auch auf die Behandlung der zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung übertragen. Vor dem Einsatz der derzeit empfohlenen Pharmaka sollte eine ausführliche Aufklärung des Patienten über Nutzen und Risiken der Medikation er- folgen, nicht zuletzt auch, um dadurch die Compliance zu erhöhen. In ausgewählten Ausnahmefällen wird die medikamentöse Therapie sehr lange durchgeführt, ein Absetzen der Medikation sollte vor dem Hintergrund der umfangreichen Nebenwirkungen aber stets angestrebt werden. Findet das Absetzen unter kontrollierten und strukturierten Rahmenbedingungen statt, kann es erfolgreich verlaufen. In zukünftigen Untersuchungen sollte insbesondere die Wirkung der Testosteron-senkenden Pharmaka auf den Hirnstoffwechsel untersucht werden. Dadurch könnte es gelingen, spezifischere Therapieziele zu identifizieren, was es unter Umständen erlauben würde weniger invasive Therapiemethoden zu etablieren.Schlüsselwörter: Sexualstraftäter, antihormonelle Therapie, Rückfallrisiko

AB - Die medikamentöse Behandlung der paraphilen Störung kann bei einigen Männern, die aufgrund einer Sexualstraftat verurteilt wurden oder ein hohes Risiko für die Begehung einer Sexualstraftat aufweisen, eine sinnvolle Ergänzung zur Psychotherapie darstellen. Derzeit werden folgende Pharmaka empfohlen: Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Testosteron-senkende Pharmaka (direkte Testosteronantagonisten und GnRH-Agonisten). Obwohl aktuelle Leitlinien zur Behandlung der paraphilen Störung sowohl für erwachsene als auch für jugendliche Patienten klare Behandlungsempfehlungen geben, erfüllt der derzeitige Stand der Wissenschaft noch nicht die hohen Voraussetzungen an eine evidenzbasierte Medizin. Kürzlich wurde jedoch die erste randomisiert-kontrollierte Studie publiziert, die eine stärkere Abnahme der sexuellen Dranghaftigkeit unter GnRH-Antagonisten im Vergleich zu Placebo in einer Gruppe von Männern mit einer pädophilen Störung fand. Zumindest für den deutschsprachigen Raum werden vergleichbare Untersuchungen in naher Zukunft aber nicht möglich sein. Mit kleineren Einschränkungen lassen sich die Leitlinien auch auf die Behandlung der zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung übertragen. Vor dem Einsatz der derzeit empfohlenen Pharmaka sollte eine ausführliche Aufklärung des Patienten über Nutzen und Risiken der Medikation er- folgen, nicht zuletzt auch, um dadurch die Compliance zu erhöhen. In ausgewählten Ausnahmefällen wird die medikamentöse Therapie sehr lange durchgeführt, ein Absetzen der Medikation sollte vor dem Hintergrund der umfangreichen Nebenwirkungen aber stets angestrebt werden. Findet das Absetzen unter kontrollierten und strukturierten Rahmenbedingungen statt, kann es erfolgreich verlaufen. In zukünftigen Untersuchungen sollte insbesondere die Wirkung der Testosteron-senkenden Pharmaka auf den Hirnstoffwechsel untersucht werden. Dadurch könnte es gelingen, spezifischere Therapieziele zu identifizieren, was es unter Umständen erlauben würde weniger invasive Therapiemethoden zu etablieren.Schlüsselwörter: Sexualstraftäter, antihormonelle Therapie, Rückfallrisiko

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M3 - SCORING: Zeitschriftenaufsatz

VL - 27

SP - 217

EP - 237

JO - Forensische Psychiatrie und Psychotherapie

JF - Forensische Psychiatrie und Psychotherapie

SN - 0945-2540

IS - 2

ER -