Pharmakologische Behandlung der paraphilen Störung

Abstract

Die medikamentöse Behandlung der paraphilen Störung kann bei einigen Männern, die aufgrund einer Sexualstraftat verurteilt wurden oder ein hohes Risiko für die Begehung einer Sexualstraftat aufweisen, eine sinnvolle Ergänzung zur Psychotherapie darstellen. Derzeit werden folgende Pharmaka empfohlen: Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Testosteron-senkende Pharmaka (direkte Testosteronantagonisten und GnRH-Agonisten). Obwohl aktuelle Leitlinien zur Behandlung der paraphilen Störung sowohl für erwachsene als auch für jugendliche Patienten klare Behandlungsempfehlungen geben, erfüllt der derzeitige Stand der Wissenschaft noch nicht die hohen Voraussetzungen an eine evidenzbasierte Medizin. Kürzlich wurde jedoch die erste randomisiert-kontrollierte Studie publiziert, die eine stärkere Abnahme der sexuellen Dranghaftigkeit unter GnRH-Antagonisten im Vergleich zu Placebo in einer Gruppe von Männern mit einer pädophilen Störung fand. Zumindest für den deutschsprachigen Raum werden vergleichbare Untersuchungen in naher Zukunft aber nicht möglich sein. Mit kleineren Einschränkungen lassen sich die Leitlinien auch auf die Behandlung der zwanghaften sexuellen Verhaltensstörung übertragen. Vor dem Einsatz der derzeit empfohlenen Pharmaka sollte eine ausführliche Aufklärung des Patienten über Nutzen und Risiken der Medikation er- folgen, nicht zuletzt auch, um dadurch die Compliance zu erhöhen. In ausgewählten Ausnahmefällen wird die medikamentöse Therapie sehr lange durchgeführt, ein Absetzen der Medikation sollte vor dem Hintergrund der umfangreichen Nebenwirkungen aber stets angestrebt werden. Findet das Absetzen unter kontrollierten und strukturierten Rahmenbedingungen statt, kann es erfolgreich verlaufen. In zukünftigen Untersuchungen sollte insbesondere die Wirkung der Testosteron-senkenden Pharmaka auf den Hirnstoffwechsel untersucht werden. Dadurch könnte es gelingen, spezifischere Therapieziele zu identifizieren, was es unter Umständen erlauben würde weniger invasive Therapiemethoden zu etablieren.
Schlüsselwörter: Sexualstraftäter, antihormonelle Therapie, Rückfallrisiko

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN0945-2540
Publication statusPublished - 21.07.2020