Fremdaggressives Verhalten bei Patienten mit einer Schizophrenie-Spektrum-Störung in der Gefängnispsychiatrie

Abstract

Aggressives Verhalten kann als kontextabhängiges, komplexes
soziales Phänomen verstanden werden. Der Literatur zufolge ist
dabei das Risiko für aggressives Verhalten bei Menschen, die an
einer Schizophrenie-Spektrum-Störung erkrankt sind, erhöht.
Studien über gewalttätiges Verhalten bei dieser Gruppe unter
Haftbedingungen sind selten. Um diese Gruppe spezifischer
zu charakterisieren, wurde in der Abteilung für Psychiatrie und
Psychotherapie des Berliner Justizvollzugskrankenhauses eine
Datenbank im Hinblick auf aggressives Verhalten angelegt. Es
wurden 225 Behandlungsepisoden eingeschlossen und retrospektiv
ausgewertet, wovon in 118 Fällen gewalttätiges Verhalten
dokumentiert wurde. Ein höheres Lebensalter, die deutsche
Staatsangehörigkeit, das Vorliegen von früheren Gewaltstraftaten
und eine antipsychotische oder antidepressive Behandlung in
den sechs Monaten vor der stationären Aufnahme hatten tendenziell
einen protektiven Effekt auf das Auftreten von aggressivem
Verhalten während der stationären Behandlung im Gefängniskrankenhaus.
Alkohol- und Drogenkonsumstörungen waren in
der Rückschau tendenziell Risikofaktoren für fremdaggressives
Verhalten. Damit decken sich die Ergebnisse in dieser Gefängnispsychiatriepopulation
überwiegend mit den in der Literatur
beschriebenen Risikofaktoren. Aus diesen Ergebnissen lässt sich
ableiten, dass die Optimierung der (psychopharmakologischen)
Therapieverfügbarkeit und eine Spezialisierung auf Patientengruppen
mit einer komorbiden Substanzkonsumstörung gewaltpräventiv
wirken könnte.

Bibliografische Daten

Titel in ÜbersetzungViolent behavior in patients with schizophrenia-spectrum-disorder in prison psychiatry
OriginalspracheDeutsch
ISSN0724-2247
StatusVeröffentlicht - 17.11.2022