Ethik des Impfens. Impfentscheidungen, ethische Konflikte und historische Hintergründe
Beteiligte Einrichtungen
Abstract
Lange bevor genügend Impfstoff vorhanden war, begann die Debatte über eine Impfpflicht. Sie betraf zuerst die Mitarbeiter:innen von Kliniken und Altersheimen, inzwischen hat sie sich auf alle gesellschaftlichen Gruppen ausgedehnt. Kinder und Jugendliche rückten in den Fokus, noch ehe überhaupt ein einziger Impfstoff für sie in Europa zugelassen war.[3] Bemerkenswert ist, dass die Diskussion über eine Impfpflicht selten von medizinischer Seite angestoßen wurde, sondern vor allem von Politik und Medien. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es nur wenige Befürworter:innen einer Pflicht zur Covid-Impfung. Bei anderen Vakzinen gibt es sie aber durchaus.
Die Debatte über Impfungen berührt naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Aspekte. Beide können sich wandeln. Neue Sichtweisen und Argumente können neue Überzeugungen hervorbringen, und auch wissenschaftliche Befunde können durch neue Erkenntnisse ins Wanken geraten. Das Wissen über Covid-19 und seine Varianten wächst ständig. Zu Beginn der Pandemie musste man sich mit dem behelfen, was wir aus vorangegangenen Seuchen wussten. Primär bestimmten die Erfahrungen mit der Grippe, ganz konkret mit der Influenza-Pandemie der Jahre 1918 bis 1920, unseren Blick auf die Corona-Pandemie. Diese Grippe ging vorbei, ohne dass es eine Impfung gab. Staaten, die im vergangenen Jahr auf eine Durchseuchung ihrer Bevölkerung bei gleichzeitiger Isolation alter und besonders gefährdeter Menschen setzten, orientierten sich an diesem Modell. Belege dafür, dass SARS-CoV-2 sich so verhalten würde wie der Grippeerreger vor 100 Jahren, gab es freilich keine.
Auch die derzeitige Impfdebatte ist von dem Wunsch geprägt, sich auf Erfahrungen zu beziehen. In der Bundesrepublik stand das Beispiel der Masern im Mittelpunkt der Diskussion und bildete die Kulisse, vor deren Hintergrund über Zwang und Freiwilligkeit diskutiert wurde.
Bibliografische Daten
Originalsprache | Deutsch |
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ISSN | 0479-611X |
Status | Veröffentlicht - 2021 |