Elterliche Mentalisierung und frühe Eltern-Kind-Interaktion bei Müttern mit affektiven Störungen oder Borderline-Persönlichkeitsstörung: Ein systematisches Review

Abstract

Der Mentalisierungsfähigkeit kommt im Kontext der Eltern-Kind-Beziehung eine zentrale Bedeutung zu. Die elterliche Kompetenz, sich in mentale Zustände des Kindes als unabhängiges Individuum hineinzuversetzen, gilt als wichtige Voraussetzung, umkindliche Signale angemessen wahrzunehmen und interpretieren zu können. Unter erhöhter Stressbelastung durch die Konfrontation mit kindlichen Affekten und Herausforderungen in der Kindererziehung sind diese Fähigkeiten besonders wichtig, jedoch nicht immer zugänglich. Trotz eines engen klinischen und konzeptuellen Bezugs der Mentalisierung zu Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und affektiven Störungen wurde das Thema bei Eltern selten systematisch untersucht. Dieses Review bietet eine systematischeÜbersicht zu elterlicher Mentalisierung bei Müttern mit einer affektiven Störung oder BPS sowie Auswirkungen auf die Qualität mütterlichen Interaktionsverhaltens. Die Befunde zeigten generell einen negativen Zusammenhang zwischen elterlicher Mentalisierung und Depression oder BPS der Mütter, der je nach Mentalisierungskonstrukt variierte. Dabei stellten sich sowohl die psychiatrische Diagnose als auch aktuelle Symptombelastung als relevant heraus. Einige positive Mentalisierungsaspekte zeigten sich jedoch nicht eindeutig beeinträchtigt. Ferner war eine geringere Mentalisierungsfähigkeit mit reduziertem feinfühligem Verhalten bei depressivenMüttern assoziiert. Die Ergebnisse sollen zu einem verbesserten Verständnis des Zusammenhangs zwischenMentalisierungsfähigkeit und mütterlicher Psychopathologie sowie zur Weiterentwicklung möglicher Ansatzpunkte im Rahmen früher Interventionen im Eltern-Kind-Setting beitragen.

Bibliografische Daten

OriginalspracheDeutsch
ISSN0032-7034
DOIs
StatusVeröffentlicht - 17.03.2022