Wir dürfen nicht jedes Problem zu einer behandlungsbedürftigen sexuellen Störung machen

Abstract

Thematisiert wird eine Debatte aus der klinischen Sexualforschung, wo es nach einer Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt zur Definition des Begriffs Sexualmedizin heftige Kritik aus den eigenen Reihen gab, und eine stärkere Abgrenzung zwischen Sexualtherapie und Sexualmedizin verlangt wurde. Die Autoren vertreten die Auffassung, dass eine zu theorielastige Auseinandersetzung mit Sexualität an der Praxis vorbei argumentiert und zu schnell pathologisiert. Dabei wird der Ansatz einer Abgrenzung von sexuellen Störungen und sexueller Gesundheit als ausschließlich auf naturwissenschaftlich messbaren Entitäten eines Kontinuums als zu eng gefasst wahrgenommen. Demnach bedingen in unserem kulturellen Kontext die Aspekte Idealisierung der Funktionsfähigkeit, Selbstverwirklichung und Selbstkontrolle, die Verhandlungsmoral in Beziehungen und Intimität ein Gelingen von Sexualität. Anhand von zwei Fallbeispielen wird deutlich, dass das Anlegen eines Maßstabes für die Norm bzw. das Pathologisieren von ungewöhnlichen sexuellen Präferenzen Konfliktlösungen ausschließt, mit denen die Betroffenen leben könnten.

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN0175-2960
Publication statusPublished - 2013