Wiederholungszwang, Selbstvertauschungsagieren und ­Pädophilie

Abstract

In der Debatte um die Ätiologie der Pädophilie werden gegenwärtig biologische, vor allem neurowissenschaftlich begründete Faktoren stark in den Vordergrund gerückt. Pädophilie wird als eine sexuelle Orientierung konstruiert, die im Rahmen der im Feld als evidenzbasiert geltenden kognitiv-behavioralen Therapien akzeptiert werden soll. Gesellschaftlich anerkanntes Ziel einer Therapie ist das Vermeiden von Übergriffen auf Kinder durch Selbst­kontrolle. Ein Verstehen und Durcharbeiten zugrunde liegender Dynamiken und eine Nachreifung oder gar eine Veränderung pädophiler Interessen durch Therapie wird nicht oder allenfalls zweitrangig angestrebt. Wenn es um die Bedeutung möglicher realtraumatischer Erfahrungen geht, wird selbst erlebter sexueller Missbrauch genannt, hinsichtlich der ätiologischen Bedeutung für die pädophile Symptomatik aber infrage gestellt oder kontrovers diskutiert. Der vorliegende Beitrag untersucht pädophiles sexuelles Interesse sowie pädosexuelle Handlungen anhand des Wiederholungszwangs und vor dem Hintergrund traumatischer Erfahrungen pädophiler Menschen. Besonders wichtig ist es, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nicht gleichzeitig davon ausgegangen werden darf, dass das Erleben eines sexuellen Missbrauchs das Risiko, selbst zum Missbraucher zu werden oder eine pädophile Störung zu entwickeln, erhöht. Theo­retische Überlegungen werden anhand von klinischem Fallmaterial illustriert und in der Bedeutung für die Therapie dargestellt.

Bibliographical data

Original languageGerman
ISSN0033-2623
DOIs
Publication statusPublished - 05.2019