Problemstellung: In der Pathogenese der juvenilen Hypertonie spielen vielfältige Faktoren eine Rolle, die die Manifestation eines Bluthochdrucks begünstigen. Über den kumulativen Effekt multipler Risikofaktoren auf das Blutdruckniveau ist wenig bekannt. Offen ist zudem die Rolle des Belastungsblutdrucks bei Heranwachsenden. Methode: In der Kieler Kinder EX.PRESS. Studie
(Exercise and Pressure) wurde der systolische Ruhe- und Belastungsblutdruck (Fahrradergometrie bei 1,5 Watt/kg KG) bei 12- bis 17-Jährigen (n=532) gemessen. Als lebensstilassoziierte Risikofaktoren (Modell 1) dienten BMI und Bauchumfang (≥ 90.P.), Fitness (PWC170) und Bildschirmzeit (> 2h/d).
Elterliches Übergewicht, familiäre Hypertonie, Rauchen und niedriger Sozialstatus wurden als familiäre Risikofaktoren erhoben (Modell 2). Die kumulative Blutdruckzunahme wurde jeweils für Alter, Geschlecht und Größe adjustiert. Ergebnisse: Der mittlere adjustierte systolische Ruhe- und
Belastungsblutdruck war bei Probanden ohne lebensstilassoziierte bzw. familiäre Risikofaktoren am niedrigsten. Modell 1: Gegenüber Probanden ohne lebensstilassoziierte Risikofaktoren unterschieden sich Heranwachsende mit einem oder zwei Risikomerkmalen nicht wesentlich in ihrem Ruheblutdruck.
Die mittlere Blutdruckdifferenz betrug hingegen 10,7 mmHg (p<0,001) bei Vorliegen von drei Risikofaktoren und 14,5 mmHg (p<0,001) bei vier Risikofaktoren. Unter körperlicher Belastung machte
der kumulative Effekt zwischen Heranwachsenden ohne und mit vier Risikofaktoren eine mittlere Blutdruckdifferenz von 22,5 mmHg (p<0,001) aus. Der Unterschied betrug noch 15,7 mmHg (p<0,001)
bei drei Risikofaktoren, 10,5 mmHg (p<0,001) bei zwei Risikofaktoren und 7,7 mmHg (p=0,009) bei Vorliegen eines Risikofaktors. Modell 2: Signifikante Unterschiede im Ruheblutdruck konnten einzig
zwischen Probanden ohne und mit allen vier familiären Risikofaktoren (Δ 10,2 mmHg; p=0,001) gefunden werden. Auch der Belastungsblutdruck war bei Probanden mit vier Risikofaktoren im Mittel 22,8 mmHg (p<0,001) höher im Vergleich zu Probanden ohne familiäres Risiko. Der Unterschied
gegenüber risikofreien Heranwachsenden betrug hingegen noch 13,0 mmHg (p=0,001) bei Summierung dreier familiärer Risikofaktoren und 8,5 mmHg (p=0,030) wenn zwei Risikofaktoren vorlagen. Konnte nur ein familiärer Risikofaktor identifiziert werden, unterschieden sich die
Blutdruckwerte bei Belastung nicht mehr signifikant von den Probanden ohne entsprechende Risikofaktoren. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass Ruhe- und Belastungsblutdruck mit jedem zusätzlich vorliegendem Risikofaktor kumulativ anstiegen. Lebensstilassoziierte und familiärere
Risikofaktoren wirken sich offenbar synergistisch auf das Blutdruckniveau des Kindes aus. Da sich entsprechende Blutdruckunterschiede im Laufe des Lebens verstärken, sollte eine Reduktion modifizierbarer Risikofaktoren einmal mehr aus Sicht der gesamten Familie erfolgen.