Heimaufenthalt in der Kindheit und Rückfallrisiko für Sexualdelinquenz im Erwachsenenalter: Mediieren potenziell traumatisierende Kindheitserfahrungen den Zusammenhang?

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Heimaufenthalt in der Kindheit und Rückfallrisiko für Sexualdelinquenz im Erwachsenenalter: Mediieren potenziell traumatisierende Kindheitserfahrungen den Zusammenhang? / Brunner, Franziska; Stück, Elisabeth; Yoon, Dahlnym; Rettenberger, Martin; Briken, Peer.

In: FORENS PSYCHIATR PSY, Vol. 13, No. 2, 05.2019, p. 178-187.

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abstract = "Das Ziel der Studie bestand darin, unter Verwendung eines retrospektiven Forschungsdesigns den Zusammenhang zwischen einem Heimaufenthalt in der Kindheit und dem aktuellen R{\"u}ckfallrisiko f{\"u}r erneute Sexualstraftaten zu untersuchen. Es wurde gepr{\"u}ft, ob dabei dem Erleben unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen (sexueller Missbrauch, k{\"o}rperliche Misshandlung, emotionale Vernachl{\"a}ssigung) eine vermittelnde Rolle zukommt. Die Stichprobe setzte sich aus 159 m{\"a}nnlichen Sexualstraft{\"a}tern zusammen, die zwischen 2010 und 2018 in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (SothA-HH) inhaftiert waren. Die verwendeten Daten basieren auf Akteninformationen (u. a. Urteil, Bundeszentralregisterausz{\"u}ge, Gutachten) und semistrukturierten Interviews. In dieser Studie wurden zwei Risikoinstrumente zur Erfassung des relativen R{\"u}ckfallrisikos f{\"u}r erneute Sexualstraftaten verwendet: Static-99 zu Erfassung statischer, weitestgehend unver{\"a}nderbarer Risikofaktoren und Stable-2007 zur Erfassung stabil-dynamischer Risikofaktoren, d.h. ver{\"a}nderbare Faktoren, die ohne therapeutische Interventionen relativ stabil bleiben. Die Gruppe mit einem Heimaufenthalt in der Kindheit wies einen niedrigeren sozio{\"o}konomischen Status, eine h{\"o}here Anzahl famili{\"a}rer Risikofaktoren sowie eine fr{\"u}here und st{\"a}rker delinquente Entwicklung auf. Zudem erzielte sie ein h{\"o}heres R{\"u}ckfallrisiko. F{\"u}r das stabil-dynamische, nicht jedoch f{\"u}r das statische Risiko wurde dieser Zusammenhang durch den kumulativen Effekt der Anzahl unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen vermittelt. Damit best{\"a}tigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie vorherige Befunde zum Zusammenhang von Heimaufenthalt und Delinquenz. Dar{\"u}ber hinaus verdeutlicht die vermittelnde Rolle potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen: Je mehr negativen Kindheitserfahrungen die Teilnehmer ausgesetzt waren, desto h{\"o}her war das stabil-dynamische R{\"u}ckfallrisiko. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein erheblicher Anteil von inhaftierten Sexualstraft{\"a}tern, die negativen Kindheitserfahrungen ausgesetzt und im Kinderheim untergebracht waren, ein h{\"o}heres R{\"u}ckfallrisiko aufweisen und im Erwachsenenalter einer besonderen Betreuung und Kontrolle bed{\"u}rfen.",
author = "Franziska Brunner and Elisabeth St{\"u}ck and Dahlnym Yoon and Martin Rettenberger and Peer Briken",
year = "2019",
month = may,
doi = "10.1007/s11757-019-00524-9",
language = "Deutsch",
volume = "13",
pages = "178--187",
journal = "FORENS PSYCHIATR PSY",
issn = "1862-7072",
publisher = "Dietrich Steinkopff Verlag",
number = "2",

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RIS

TY - JOUR

T1 - Heimaufenthalt in der Kindheit und Rückfallrisiko für Sexualdelinquenz im Erwachsenenalter: Mediieren potenziell traumatisierende Kindheitserfahrungen den Zusammenhang?

AU - Brunner, Franziska

AU - Stück, Elisabeth

AU - Yoon, Dahlnym

AU - Rettenberger, Martin

AU - Briken, Peer

PY - 2019/5

Y1 - 2019/5

N2 - Das Ziel der Studie bestand darin, unter Verwendung eines retrospektiven Forschungsdesigns den Zusammenhang zwischen einem Heimaufenthalt in der Kindheit und dem aktuellen Rückfallrisiko für erneute Sexualstraftaten zu untersuchen. Es wurde geprüft, ob dabei dem Erleben unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen (sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung, emotionale Vernachlässigung) eine vermittelnde Rolle zukommt. Die Stichprobe setzte sich aus 159 männlichen Sexualstraftätern zusammen, die zwischen 2010 und 2018 in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (SothA-HH) inhaftiert waren. Die verwendeten Daten basieren auf Akteninformationen (u. a. Urteil, Bundeszentralregisterauszüge, Gutachten) und semistrukturierten Interviews. In dieser Studie wurden zwei Risikoinstrumente zur Erfassung des relativen Rückfallrisikos für erneute Sexualstraftaten verwendet: Static-99 zu Erfassung statischer, weitestgehend unveränderbarer Risikofaktoren und Stable-2007 zur Erfassung stabil-dynamischer Risikofaktoren, d.h. veränderbare Faktoren, die ohne therapeutische Interventionen relativ stabil bleiben. Die Gruppe mit einem Heimaufenthalt in der Kindheit wies einen niedrigeren sozioökonomischen Status, eine höhere Anzahl familiärer Risikofaktoren sowie eine frühere und stärker delinquente Entwicklung auf. Zudem erzielte sie ein höheres Rückfallrisiko. Für das stabil-dynamische, nicht jedoch für das statische Risiko wurde dieser Zusammenhang durch den kumulativen Effekt der Anzahl unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen vermittelt. Damit bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie vorherige Befunde zum Zusammenhang von Heimaufenthalt und Delinquenz. Darüber hinaus verdeutlicht die vermittelnde Rolle potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen: Je mehr negativen Kindheitserfahrungen die Teilnehmer ausgesetzt waren, desto höher war das stabil-dynamische Rückfallrisiko. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein erheblicher Anteil von inhaftierten Sexualstraftätern, die negativen Kindheitserfahrungen ausgesetzt und im Kinderheim untergebracht waren, ein höheres Rückfallrisiko aufweisen und im Erwachsenenalter einer besonderen Betreuung und Kontrolle bedürfen.

AB - Das Ziel der Studie bestand darin, unter Verwendung eines retrospektiven Forschungsdesigns den Zusammenhang zwischen einem Heimaufenthalt in der Kindheit und dem aktuellen Rückfallrisiko für erneute Sexualstraftaten zu untersuchen. Es wurde geprüft, ob dabei dem Erleben unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen (sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung, emotionale Vernachlässigung) eine vermittelnde Rolle zukommt. Die Stichprobe setzte sich aus 159 männlichen Sexualstraftätern zusammen, die zwischen 2010 und 2018 in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (SothA-HH) inhaftiert waren. Die verwendeten Daten basieren auf Akteninformationen (u. a. Urteil, Bundeszentralregisterauszüge, Gutachten) und semistrukturierten Interviews. In dieser Studie wurden zwei Risikoinstrumente zur Erfassung des relativen Rückfallrisikos für erneute Sexualstraftaten verwendet: Static-99 zu Erfassung statischer, weitestgehend unveränderbarer Risikofaktoren und Stable-2007 zur Erfassung stabil-dynamischer Risikofaktoren, d.h. veränderbare Faktoren, die ohne therapeutische Interventionen relativ stabil bleiben. Die Gruppe mit einem Heimaufenthalt in der Kindheit wies einen niedrigeren sozioökonomischen Status, eine höhere Anzahl familiärer Risikofaktoren sowie eine frühere und stärker delinquente Entwicklung auf. Zudem erzielte sie ein höheres Rückfallrisiko. Für das stabil-dynamische, nicht jedoch für das statische Risiko wurde dieser Zusammenhang durch den kumulativen Effekt der Anzahl unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen vermittelt. Damit bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie vorherige Befunde zum Zusammenhang von Heimaufenthalt und Delinquenz. Darüber hinaus verdeutlicht die vermittelnde Rolle potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen: Je mehr negativen Kindheitserfahrungen die Teilnehmer ausgesetzt waren, desto höher war das stabil-dynamische Rückfallrisiko. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein erheblicher Anteil von inhaftierten Sexualstraftätern, die negativen Kindheitserfahrungen ausgesetzt und im Kinderheim untergebracht waren, ein höheres Rückfallrisiko aufweisen und im Erwachsenenalter einer besonderen Betreuung und Kontrolle bedürfen.

U2 - 10.1007/s11757-019-00524-9

DO - 10.1007/s11757-019-00524-9

M3 - SCORING: Zeitschriftenaufsatz

VL - 13

SP - 178

EP - 187

JO - FORENS PSYCHIATR PSY

JF - FORENS PSYCHIATR PSY

SN - 1862-7072

IS - 2

ER -