Vestibulär evozierte myogene Potenziale und Gleichgewichtskontrolle bei Patienten mit Parkinson-Syndromen und gesunden Probanden

  • Dietrich Klunk
  • Timo B. Woost
  • Christopher Fricke
  • Joseph Claßen
  • David Weise

Abstract

Hintergrund: Beeinträchtigungen des Gleichgewichts treten bei allen Parkinsonsyndromen (PS) im Krankheitsverlauf auf und sind für die Differenzierung zwischen dem idiopathischen Parkinsonsyndrom (IPS) und atypischen Parkinsonsyndromen (APS) besonders relevant. Mittels vestibulär evozierten myogenen Potenzialen (VEMP) können vestibulookuläre und vestibulocollische Reflexbögen im Bereich des Hirnstamms untersucht werden. Aktuelle Studien konnten Veränderungen der VEMP bei Patienten mit IPS zeigen. Der Zusammenhang zwischen der Gleichgewichtskontrolle und VEMP wie auch ihre Brauchbarkeit zur differentialdiagnostischen Abgrenzung von Parkinsonsyndromen ist jedoch bislang nicht hinreichend untersucht. Ziele: Die Studie soll die vibrationsinduzierten VEMP bei Patienten mit unterschiedlichen PS im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden charakterisieren. Darüber hinaus soll die Korrelation mit klinischen und posturographischen Maßen sowie mit anamnestischen Angaben zu Gleichgewicht und Stürzen untersucht werden. Fragestellung: Die Fragestellungen lauten: (1) Unterscheiden sich VEMP bei Patienten mit PS (IPS, APS) und gesunden Kontrollprobanden? (2) Können IPS und APS mittels VEMP differenziert werden? (3) Korrelieren die Variablen der VEMP mit dem Ausmaß von klinisch und posturographisch messbaren oder anamnestisch erfassbaren Funktionen des Gleichgewichts? Methoden: Von den Studienteilnehmern wurde eine gezielte, durch Fragebögen gestützte Anamnese zu Gleichgewichtsstörungen und zum Sturzverhalten erhoben. Eine klinische Untersuchung schloss auch die Quantifizierung relevanter Funktionsmaße (MDS-UPDRS-III, Berg-Balance-Skala, Montreal Cognitive Assessment) ein. Die okulären und zervikalen vibrationsinduzierten VEMP (oVEMP, cVEMP) wurden abgeleitet (Stimulation mittels Mini-Shaker, Einzelreiz [500 Hz, 3 ms], 200 Reize gesamt, Stimulationsfrequenz 5 Hz, Messung der Latenzen und Amplituden von n10, p15 bzw. p13, n23). Posturographische Parameter (Länge, Fläche und Geschwindigkeit des Druckpunktzentrums [COP]) wurden unter definierten Bedingungen mittels einer Kraftmessplattform ermittelt. Wir planen den Einschluss von 30 gesunden Kontrollprobanden sowie von jeweils 30 Patienten mit IPS und APS.
Ergebnisse: Bislang konnten 27 Teilnehmer (15 männlich, 12 weiblich, Alter 63,6 ± 11,9 Jahre) eingeschlossen werden, davon 22 gesunde Kontrollprobanden, 5 Patienten mit PS (3 IPS und 2 APS). Innerhalb der Gruppe gesunder Kontrollprobanden fanden sich Korrelationen (Trend) zwischen Variablen der oVEMP und denen der Posturographie (n10 und COP-Länge beim Einbeinstand [linkes Bein: r = 0,452, p = 0,091; rechtes Bein: r = 0,494, p = 0,061] sowie Peak-to-peak-Amplitude und COP-Länge beim Einbeinstand [linkes Bein: r = -0,498, p = 0,059]). Aufgrund der noch geringen Gruppengröße ist eine weitere Aussage bezüglich Gruppenunterschieden derzeit noch nicht möglich.
Schlussfolgerungen: Diese vorläufigen Daten weisen auf einen Zusammenhang zwischen VEMP und Parametern der Posturographie bei Gesunden hin. VEMP erscheinen deshalb als eine aussichtsreiche nicht-invasive, sichere und gut verträgliche Methode der klinischen Neurophysiologie, um die Pathophysiologie von Gleichgewichtsstörungen bei Parkinsonsyndromen zu untersuchen.

Bibliografische Daten

OriginalspracheDeutsch
TitelMensch im Blick - Gehirn im Fokus : Abstracts
Erscheinungsdatum2017
Seiten92-92
StatusVeröffentlicht - 2017
Extern publiziertJa
VeranstaltungKongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) - Leipzig, Deutschland
Dauer: 20.09.201723.09.2017
Konferenznummer: 90