Die Hausärztinnen- und Hausarztperspektive auf die neue DSM-5 Diagnose Somatische Belastungsstörung - eine Fokusgruppenstudie

Abstract

Die Veränderungen der diagnostischen Kriterien somatoformer Störungen nach DSM-IV hin zu den Kriterien für die somatische Belastungsstörung nach DSM-5 werden auch für das ICD-11 adaptiert werden und damit letztendlich die praktische Arbeit von Hausärztinnen und Hausärzten beeinflussen. Zur Diagnose somatoformer Störungen wurden in einem Review unserer Arbeitsgruppe schon patienten- und arztbezogene, interpersonale, situative und operative Barrieren ermittelt (Murray et al, J Psychosom Res, 2016.80:1-10). Die vorliegende qualitative Studie zielt nun auf die persönlichen Perspektiven der Hausärztinnen und Hausärzte bezüglich der neuen diagnostischen Kriterien zur somatischen Belastungsstörung. Fünf Fokusgruppendiskussionen mit Hausärzt/innen wurden durchgeführt. Der halb-standardisierte Diskussionsleitfaden enthielt folgende Themen: der neue diagnostische Ansatz, die neuen DSM-5 Kriterien der Somatischen Belastungsstörung und die Verwendung evidenzbasierter Richtlinien. Alle Diskussionstranskripte wurden mithilfe qualitativer Inhaltsanalyse analysiert. Die neuen DSM-5 Kriterien wurden hinsichtlich der Bezeichnung der klinischer Befunde als präziser empfunden. Die Überwindung des negativen Diagnosekriteriums und der damit zusammenhängenden Ausschlussdiagnostik sowie die Einführung positiver psychologischer Diagnosekriterien wurden als für den diagnostischen Prozess vorteilhaft bewertet. Vorbehalte ergaben sich hinsichtlich der Konsequenzen für die praktische Arbeit. Den neuen diagnostischen Kriterien wurde nur wenig Einfluss auf das Management der betroffenen Patienten in der allgemeinen Praxis zugesprochen. Das Diagnosekriterium der exzessiven Gesundheitssorgen und der auf die somatischen Symptome bezogenen Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen wurden differenziert diskutiert; nämlich als einerseits unscharf und andererseits als essentiell. Den Hausärzt/innen zufolge haben die diagnostischen Kriterien der somatoformen Störungen nach DSM-IV und der Somastischen Belastungsstörung nach DSM-5 keinen Einfluss auf diagnostische Prozesse in der Primärversorgung. Möglicherweise werden hier andere Gesichtspunkte als formale Diagnosen für die Identifikation somatisierender Patienten herangezogen.

Bibliografische Daten

OriginalspracheDeutsch
TitelPsyche - Soma. Mensch - System.
Erscheinungsdatum2017
StatusVeröffentlicht - 2017
VeranstaltungDeutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 2017 - Berlin, Deutschland
Dauer: 22.03.201725.03.2017